Donnerstag, 25. September 2008

Was hat dieser Gorilla hier bloß zu suchen? - Ich frag mal...

Nach einer Woche voll des unzureichenden Schlafs, zwei Wochen ohne sportlichen Ausgleich und nach einem höllischen Mittwoch, an dem ich übermüdet auch noch Überstunden aufbauen durfte, meine Patte kurzzeitig schweißgebadet verlor, mit nur zwei Brötchen und einem Kinder-Schoki-Milchkammer-Riegel im Magen, wird wird man nun mal aggressiv, cholerisch und hyper-sensibel, was sein Umfeld betrifft.

Das fängt Morgens an, wenn man sich im Supermarkt von den zwei riesigen Oktoberfest-Regalen in blau-weiß persönlich beleidigt fühlt, der Aushilfe den Besen wegnimmt und wie in bester Micheal Douglas-Manier die Auslagen frei fegt. Wichtig ist hierbei die Mimik authentisch wieder zu geben: Die weit aufgerissenen, hervorquellenden Augen sind mindestens so wichtig, wie der vorgeschobene Unterkiefer, das Zähnefletschen und das naturbelassene Rumgeschreie. Semmelknödel gibt es sonst auch immer hier und das Weizen hat ganz normal bei den anderen Getränken zu stehen. Warum jeden September derselbe Rummel? Nach dem Oster-Geeier werden Trikots, Fußbälle und schwarz-rot-gelbe Schminke rangekarrt, dann dieser Oktober-Fest-Müll und danach gibt es Weihnachtsplunder. Und jedes Mal wird sich als Osterhase, als Fußballfan, als Bayer oder als Weihnachtsmann/Rentier verkleidet. Einfallslos und unter´m Strich nur lächerlich. Rosenmontag reicht doch wohl.

So martialisch wie mit der Oktoberfest-Garnitur kann man mit seinen "Mit"-Menschen leider nicht umgehen. Auch mit jenen, die einfach vor einem stehen bleiben, lethargisch in der Gegend rumglotzen und zu fett sind, als dass man sie einfach umkurven könnte. Also wird wenigstens angerempelt, wenn schon nicht umgerannt. Einige entschuldigen sich für ihren plötzlichen motorischen und geistigen Tiefschlaf.
"Oh, verzeihung", lächelt die dicke Vorpensionierte verlegen.
"Macht doch nichts. Was stehe ich Fettwanst auch sinnlos im Weg", entgegne ich freundlich, gehe weiter und registriere, dass sich ihr Lächeln nach einigen langen Sekunden Bedenkzeit auflöst.

Einige Stunden später in der Stadt, gerade als ich mich mal wieder wundere, wie absonderlich gekleidet viele Leute hier rumlaufen (14jährige tragen irgendwelche Opa-Hüte und Frauenhosen), labert mich ein Tschernobyl-Überlebener von der Seite an:
"Muschhut glu fuck malochin?" Er schaut mich an, als wolle er mich fragen, ob ich derjenige welcher bin, der seine Tochter geschändet hat. Hab ich aber nicht.
"Tut mir leid, ich spreche kein Russisch. Oder Polski. Oder was weiß ich, was ihr da noch so habt." Theatralisch resigniert zucke ich mit den Schultern. Er guckt erstaunt. Anscheindend unfassbar, dass ich hier in Deutschland nicht seine außerirdische Sprache sprechen kann.
Er grunzt und zieht weiter. Dito.

Nach meinem kurzen Ausraster im Büro, wo ich in einem unbeobachteten Moment das Telefon sportlich gegen die Wand schleudere, erwartet mich zu Hause mein eigenes Telefon. Hierbei handelt es sich um ein Model, auf welches ich zuerst mit einem spitzen Gegenstand (wahlweise Messer oder Schraubenzieher) einstechen muss, will ich den eingehenden Anruf denn entgegennehmen.
Sich davon abzulenken fällt schwer, wenn man abschalten möchte. - Im Fernseher läuft der letzte Mist, wobei allerdings nur mein Lieblingsmagazin taff es regelmäßig schafft, mich in die Tischplatte beißen zu lassen. "Oh, Ralf-Schumacher, dem seine Freundin trägt auf dem Oktoberfest ein Dirndl! - Aber mit Totenköpfen! Na des güöt jo öberhuapt net!"
Dann quietscht diese Hippe, angeblich sehr stylisch gekleidete Moderatorin "Jiiiiii..." und der Sacko-Träger neben hier beendet smart: "Üüüühjooooa."
Dankenswerter Weise, kriege ich immer nur die letzten Minuten dieser Sendung mit. Jedenfalls scheint mir taff dafür verantwortlich zu sein, dass manche Leute in der Fußgängerpassage schlagartig stehenbleiben und tranceversunken ins Leere starren: "Jiiiiiiii - üüüüüüüjooooa!"